Frag DEN COACH mit Stephan Medem Teil 3: Tenniseltern

Im dritten Teil unserer Live-Interviewserie "Frag DEN COACH" mit Stephan Medem beschäftigten wir uns kurz vor Weihnachten ein vorerst letztes Mal mit dem Thema "Tenniseltern". Wie soll denn ein "idealer" Tennistrainer bzw. Tenniscoach sein? Welche Anforderungen dürfen und müssen wir als Tenniseltern an ihn stellen? Auch ein sehr wichtiges Thema: wie sieht eine altersgemäße Trainings- und Turnierplanung im Idealfall aus? Themen, zu denen uns Steph wieder einmal ganz konkrete Tipps gab.

Was macht denn einen „guten“ Tennistrainer bzw. Tenniscoach für leistungsorientiert spielende Tenniskids aus?

Klar, er sollte erst einmal über ausreichende Tenniskompetenz verfügen, d.h. einen Trainerschein vorweisen können und schon etwas Trainererfahrung haben. War der Trainer selbst auch schon als Profi unterwegs ist dies sicherlich auch nicht von Nachteil.

Ein absolutes MUST sind aber die sogenannten Soft Skills. Sie sind gefragt, um ein Kind über einen längeren Zeitraum auf und neben dem Tennisplatz aufzubauen. Aufgabe des Tenniscoaches muss es nämlich auch sein, das Kind langfristig hoch motiviert und mit Spaß beim Tennis zu halten. Psychologisches Einfühlungsvermögen ist gefragt, insbesondere bei Niederlagen und Rückschlägen wie beispielsweise Verletzungen.

Wie können wir einen (neuen) Trainer auf Herz und Nieren prüfen?

Bevor zu einem neuen Trainer gewechselt wird, sollte zuerst eine Teststunde absolviert werden. Am besten gleich eine Doppelstunde, um wirklich alles abtesten zu können. Nach dieser ersten "Bestandserhebung" sollte ausreichend Zeit sein, damit sich der Trainer mit den Eltern für ein ausführliches Gespräch zusammensetzen kann: Wie sieht der Status Quo aus? Wie lautet die Einschätzung des Trainers? Was ist gut, was nicht so gut? Was kann bzw. muss verbessert werden? Der Trainer sollte hier seine Vorstellungen ganz konkret schon definieren. Und wenn er keine Vorstellungen und Pläne hat? Just leave it!

Ein idealer Trainer bzw. Tenniscoach muss einen Plan, ähnlich eines Business Plans für ein Kind entwickeln und davon lang-, mittel- und kurzfristige Ziele ableiten und diese auch gemeinsam mit dem Kind und den Eltern besprechen. Denn der Trainer ist der Tennisberater, der dafür zuständig ist, dass das Kind optimal gefördert werden kann.

Was sollte beachtet werden, wenn mehrere Tennistrainer ein Kind trainieren?

Sofern mehrere Trainer gemeinsam ein Kind trainieren, ist das gut, sofern sie MITEINANDER reden und sich abstimmen. Dann ist alles fein. Ein Problem entsteht aber dann, wenn die Trainer nicht miteinander reden oder noch schlimmer unterschiedliche Dinge einfordern und somit gegeneinander arbeiten.

Wir Eltern müssen beobachten, Fragen stellen und Dinge ansprechen, wenn sie uns nicht schlüssig sind oder uns nicht passen. Die Trainingssituation muss laufend kontrolliert werden. Dabei hilft auch das Führen eines Trainingstagebuches, aus dem man vieles auch aus Kindersicht ableiten kann.

Empfehlung: Mindestens 1x pro Halbjahr, besser noch 1x pro Quartal sollte ein Eltern-Trainergespräch geführt werden.

Sollten Spezialtrainer wie bspw. Athletiktrainer oder Mentaltrainer zusätzlich engagiert werden?

Ab einem Alter von ca. 12 Jahren sollte insgesamt langsam die Trainingsintensität erhöht werden. Dabei ist zunehmend Athletiktraining wichtig und es ist gut, wenn hier ein separater Trainer engagiert wird. Oder man kompensiert dies durch eine Sekundärsportart wie bspw. Basketball. Ein Mentaltrainer ist erst dann notwendig, wenn eine wirkliche mentale Baustelle immer wiederkehrend auftaucht. Ein Mentaltrainer kann dann punktuell eingesetzt werden.

Ideal ist es, dass all dies der Tenniscoach, der Haupttrainer anstößt und bei der Organisation unterstützt. Sind unterschiedliche Trainer aktiv, gilt auch hier, dass sie miteinander kommunizieren sollen!

Wie hoch sollte die Trainingsintensität bei Kindern sein?

Eine User- Frage war: ein 5-jähriges Kind trainiert derzeit 3 Stunden Tennis und hat neben Talent sehr viel Freude dabei. Soll sie die Trainingsintensität erhöhen?

Grundsätzlich kann in dem Alter nicht unbedingt von „Training“ nicht gesprochen werden. Ein Kind in dem Alter soll einfach auf den Platz gehen, Tennis SPIELEN und Spaß haben. Sofern die Freude im Vordergrund steht, kann die Häufigkeit auch erhöht werden. Richtige Trainingspläne sollten aber noch nicht erstellt werden!

Wie hoch sollte die Trainingsintensität bei 12-14-jährigen sein?

Grundsätzlich kann man grob das Alter des Kindes als maximale Trainingsumfang in Stunden ansehen – darunter fällt alles, d.h. auch das Athletiktraining bzw. der Arbeitsaufwand, den das Kind in der Woche für das Tennis aufbringt. Also die Tennis-Bruttozeit.

Viel wichtiger als die Quantität ist aber die Qualität der Trainingsstunden. Und hier gilt: manchmal ist weniger mehr! Die Trainingsstunden müssen qualitativ hochwertig sein, dann kann auch lieber mal weniger trainiert werden. Dabei wichtig ist: bitte nicht nur das biologische Alter berücksichtigen, sondern ganz individuell jedes einzelne Kind anschauen. Wie sieht die Körperstatur, die mentale Belastbarkeit etc.aus? All das ist entscheidend für die richtige Trainingsplanung.

Wie sollte die Aufteilung zwischen Einzel- und Gruppentraining aussehen?

Als grobe Faustregel könnte man sagen: 1/3 Einzel-, 1/3 Gruppen- und 1/3 Matchtraining. ABER: es kommt dabei immer darauf an, wie der Trainer die einzelnen Trainings gestaltet. Das gilt genauso für eine maximale Gruppengröße.

Es sollten aber nie mehr als 4 Kinder auf einem Platz trainieren. Ideal sind aus Steph`s Sicht 3 Kinder. So kann der Trainer dann selbst mitspielen und einen einzelnen Spieler, mit dem er gerade spielt so trainieren, wie es das Kind gerade braucht.

Und wie sieht eine altersgemäße Turnierplanung aus?

Vorab: eine Turnierteilnahme sollte primär als das Abtesten der Fähigkeiten, die man sich im Training aneignet, gesehen werden.

Spielt bitte nicht jedes Wochenende ein Turnier - Turnierblöcke sind viel besser. So bieten sich gerade die Sommerferien als idealer Zeitpunkt an, um 2-4 Wochen am Stück Turniere zu spielen. Ein Abstand von 6-10 Wochen von Turnier zu Turnier ist gut. Wichtig ist auch, dass man ab und an 2 Wochen hintereinander Turniere spielt. So kann man auch ein schlechtes Turnier gleich in der Folgewoche kompensiert oder eine Hochform verlängert werden.

Zu beachten gilt: Ranglistenpositionen sind in dem Alter eher unwichtig, Turniere sind Leistungskontrollen.

Ganz wichtig sind Matchanalysen, die die Eltern von Turnieren mit nach Hause bringen und mit dem Trainer besprechen. Extrem wichtig ist aber auch, dass der Trainer das Kind live im Turnier sieht. 1x pro Quartal sollte der Trainer das Kind beim Turnier sehen. Nur so kann der Status Quo bzgl. Technik, Taktik, mentaler Bereich und dem allgemeinen Verhalten auf dem Platz kontrolliert werden. Eine mögliche Turnierbegleitung sollte schon bei den ersten Gesprächen mit dem Trainer abgesprochen werden.

Ab wann und in welcher Häufigkeit sollten internationale Tennisturniere spielen?

Ab und zu ein internationales Turnier spielen ist völlig in Ordnung, solange keine extrem langen Anreisen notwendig sind. So können die Kinder einmal über den Tellerrand schauen, internationale Luft schnuppern, Erfahrungen sammeln. Und einfach einmal etwas Besonderes erleben! Aber der immer mehr um sich greifende TE-Turniertourismus sollte in dem Alter nicht betrieben werden.

And the winner is...

Wir freuen uns, zum Abschluss unseres ersten Themenblocks "Tenniseltern" den Gewinner unserer Verlosung bekanntgeben zu dürfen: Regine und ihre Tochter dürfen sich über ein Scouting bei Steph freuen. Wir wünschen den beiden heute schon ganz viel Spaß dabei und sind gespannt auf ihre Rückmeldung!

Wir werden im neuen Jahr mit unseren Live-Interviews weitermachen und melden uns bei euch, sobald wir die konkreten Sendezeite termininiert habt.

Und selbstverständlich gilt weiterhin: habt ihr Fragen rund ums Tennis, dann fragt DEN COACH!

 

Und wer sich das Interview noch gerne anhören will - bitteschön!